Auffallend ist, dass Deutschland sofort eine starke Position eingenommen hat und sein Vorhaben in Bezug auf Wasserstoff auf die Industrie (insbesondere Stahl und Chemie) und den Schwerlastverkehr ausgerichtet hat. Das würde diese Bereiche nicht nur deutlich nachhaltiger machen, sondern könnte auch die deutsche Exportindustrie erheblich stärken. Zum einen als Lieferant von grünen Produkten (grüner Stahl aus dem Ruhrgebiet), zum anderen als internationaler Vorreiter beim Export von fortschrittlicher Wasserstofftechnologie.
In Deutschland beließ man es nicht bei wohlklingenden Worten. Es wurden sofort neun Milliarden Euro für 38 spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der deutschen Wasserstoffambitionen bereitgestellt. Davon sind zwei Milliarden für grenzüberschreitende Kooperationsprojekte vorgesehen.
Momentan bleibt die Frage offen, wie Deutschland an die gewünschten großen Mengen an Wasserstoff gelangt, die bis und nach 2040 benötigt werden. Dabei blickt Berlin ebenso wie Brüssel nach Nordafrika, wo grüner Wasserstoff kostengünstig produziert werden kann und zudem die lokale Wirtschaft stärkt. Gleichzeitig gibt es aber Bedenken, die Abhängigkeit von russischem Erdgas gegen neue Abhängigkeiten von Regimen einzutauschen, die nicht unbedingt besonders stabil sind. Hinzu kommt, dass es für Vertreter der Industrie nicht deutlich ist, ob grüner Wasserstoff bald auch problemlos verfügbar sein wird. Denn wie Professor David Smeulders bereits in einem Interview auf dieser Website erwähnte, hat die Versorgungssicherheit oberste Priorität. Und darüber hinaus stellen allzu große Importe aus außereuropäischen Ländern keine attraktive Option dar. Außerdem ist CCS (unterirdische CO2-Speicherung) in Deutschland nicht besonders beliebt. Das erhöht lediglich den Bedarf Deutschlands an grünen Molekülen.
Es kann festgehalten werden, dass die deutsche Strategie sowohl für die Initiative „Nederland Waterstofland“ (Wasserstoffland Niederlande) als auch für NortH2 Chancen bietet. So kann vom Rotterdamer Hafen importierter Wasserstoff ins nordeuropäische Hinterland weitergeleitet werden, während NortH2 über Groningen Seaports beträchtliche Mengen Nordseewasserstoff an deutsche Industriecluster wie das Ruhrgebiet liefern kann. Ein grünes nordeuropäisches Delta von Wasserstoffströmen, das durch ein intelligentes grenzüberschreitendes Wasserstoff-Backbone ermöglicht wird.
Um seine Wasserstoff-Ambitionen zu realisieren und das Gleichgewicht zwischen heimischer Produktion und Import zu optimieren, hat Deutschland einen nationalen Wasserstoffrat und einen nationalen Wasserstoff-Botschafter ernannt. Sie sollen hinsichtlich der Synergien zwischen Elektronen und Molekülen, der Besteuerung von Emissionen, der Förderung von Innovationen und der Förderung des industriellen Umstiegs auf Wasserstoff zur Wärmeerzeugung oder als Rohstoff ihren Standpunkt darlegen. Wäre solch ein Wasserstoff-Botschafter vielleicht auch eine gute Idee für die neue Koalition in den Niederlanden? Einschließlich einer deutsch-niederländischen Wasserstoff-Agentur?